Die Nutzung von Windenergie ist ein Eckpfeiler der Energiewende. Doch auch die modernsten Windräder stehen gelegentlich still. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von natürlichen Bedingungen bis hin zu technischen und regulatorischen Hindernissen. Im folgenden Beitrag stellen wir Ihnen die ersten fünf von insgesamt 10 unterschiedlichen Zusammenhängen vor, die dafür verantwortlich sein können, warum sich ein Windrad gerade nicht dreht. Weitere fünf Gründe folgen in Teil 2 des Beitrags.
1. Probebetrieb
Nach der Installation einer Windenergieanlage ist der Probebetrieb ein entscheidender Schritt. In dieser Phase werden alle Systeme und Komponenten intensiv getestet, um sicherzustellen, dass die Anlage unter verschiedenen Bedingungen zuverlässig funktioniert. In der Zeit des Probebetriebs, der mehrere Wochen in Anspruch nehmen kann, kann es häufig dazu kommen, dass eine Anlage sich für einige Zeit dreht, dann einige Stunden oder Tage nicht mehr, dann wieder einige Zeit dreht und so weiter. Haben die Anlagen den Probebetrieb abgeschlossen, startet der Regelbetrieb.
2. Windstille
Um eine Windenergieanlage in Gang zu setzen, ist eine Mindestwindgeschwindigkeit in Höhe der Nabe erforderlich. Diese Anlaufgeschwindigkeit beträgt bei den meisten Anlagen zwischen 2 und 4 Metern pro Sekunde, was einer leichten Brise oder Windstärke 2 auf der Beaufort-Skala entspricht. Die auf dem Maschinenhaus installierten Windmesssensoren übermitteln fortlaufend Daten über Windgeschwindigkeit und -richtung an die Steuerung der Anlage. Liegt nicht die ausreichende Windgeschwindigkeit vor, steht die Anlage somit still. Doch wie oft herrscht eigentlich zu wenig Wind, um Strom zu erzeugen? Laut dem Windreport Deutschland des Fraunhofer Instituts, der sich auf reale Produktionsdaten stützt, gab es im Beispieljahr 2018 lediglich an 15 Prozent der Tage nicht genügend Wind für eine Stromproduktion, an 85 Prozent der Tage war somit ausreichend Wind vorhanden, um die Windräder effektiv zur Stromerzeugung zu nutzen.
Ein interessanter Fakt ist zudem, dass sich die Windverhältnisse an einem Standort bereits innerhalb weniger hundert Meter unterscheiden können. Dies erklärt, warum benachbarte Windenergieanlagen manchmal unterschiedlich schnell drehen oder eine davon stillsteht, während die andere weiterläuft.
3. Sturmbedingungen
Neben der Windstille kann auch das andere Extrem, ein Sturm, für das Stillstehen von Windenenergieanlagen verantwortlich sein. Denn ab einer gewissen Windgeschwindigkeit schalten sich die meisten Windenergieanlagen automatisch ab. Dieser Grenzwert liegt im Binnenland bei etwa 22 Metern pro Sekunde bzw. 80 Kilometern pro Stunde auf Nabenhöhe. Dies entspricht der Windstärke 9 auf der Beaufort-Skala, was als Sturm definiert wird. Die Dauerbelastung, aber vor allem die starken Böen, die typisch für Stürme und Orkane sind, würden das Material und die Mechanik im Betrieb zu stark belasten und das Schadenrisiko erhöhen. Laut des vom Fraunhofer Instituts veröffentlichten Windreport Deutschland, waren Windenergieanlagen im Beispieljahr 2018 lediglich für 0,07 Prozent der Zeit aufgrund von zu starkem Wind außer Betrieb.
4. Netzüberlastung
Das deutsche Gesetz über den Ausbau Erneuerbare Energien (EEG) regelt den Vorrang der Einspeisung von Ökostrom in das Stromnetz. Theoretisch muss also das deutsche Stromnetz sämtliche Energiemengen aufnehmen, die von Windenergieanlagen, Photovoltaikanlagen oder Biogasanlagen produziert werden. Das Stromnetz ist aber je nach Region unterschiedlich stark ausgebaut. Daher kann es mancherorts viel zusätzliche Stromleistung aufnehmen, anderenorts weniger. Eine Besonderheit von Wind- und Solaranlagen ist aber, dass Sie nicht gleichmäßig Strom erzeugen, sondern dass ihre Erzeugung im Tages- und Jahresverlauf je nach Aufkommen von Wind und Sonne schwankt. Gleichzeitig sind Netzbetreiber verpflichtet, eine stabile Stromversorgung sicher zu stellen. Deshalb haben sie die Möglichkeit bekommen, Stromerzeugungsanlagen per Fernsteuerung abzuriegeln, wenn einzelne Netzabschnitte überlastet sind und dadurch die Versorgungssicherheit gefährdet würde. Dies dürfen sie bei Wind- und Solaranlagen allerdings erst tun, wenn sie alle anderen Möglichkeiten zur Netzstabilisierung ausgeschöpft haben. Dieses so genannte Einspeisemanagement ist in §14 des EEG geregelt. Konkrete Zahlen wo und wie häufig diese sogenannten Eispeisemanagement-Maßnahmen durchgeführt werden gibt die Bundesnetzagentur heraus. Besonders betroffen sind hierbei Regionen, in denen bereits viel Strom aus Erneuerbare Energien eingespeist wird, das Netz aber vergleichsweise schwach ausgebaut ist.
5. Arbeiten an einer Windenergieanlagen
Wie jede technische Anlage sind auch an einer Windenergieanlage in vorgebenden Intervallen Wartungen und Prüfungen der Anlage durchzuführen. Nur so kann der dauerhafte Betrieb der Anlage sichergestellt werden. Für die Zeit, in der eine Wartung an einer Windenergieanlage durchgeführt wird, muss die Anlage in den meisten Fällen stillstehen. Dies kann je nach Prüfaufwand einige Stunden oder mehrere Tage dauern.
Wie bei anderer technischer Anlage auch, kann es zudem zu Störungen oder Schäden an der Windenergieanlage kommen. Auch dies führt zu einer Abschaltung der Anlage. Ein Serviceteam wird sich in diesem Fall schnellstmöglich auf dem Weg zur Anlage machen, um diese wieder in Gang zu setzen.
Quelle: Windkanal – Der Windenergie Podcast: Warum drehen sich Windräder manchmal nicht? 10 banale bis überraschende Gründe