Ökostrom aus dem Forst: Wie Windenergie und Wald zusammenpassen
Knorrige Baumwurzeln, moosbewachsene Stämme, ein Reh, das an einem jungen Zweig knabbert – solche und ähnliche Bilder entstehen sofort im Kopf, wenn es um den deutschen Wald geht. Kein Wunder, denn unsere Wahrnehmung des Waldes ist geprägt von einer langen Kulturgeschichte ausgehend vom mittelalterlichen Märchenwald, in dem sich Räuber und Hexen tummeln, bis hin zum romantischen Sehnsuchtsort in Gemälden von Caspar David Friedrich. Gleichzeitig hat jeder bei einem Waldspaziergang schon einmal am eigenen Leib erfahren, wie wertvoll der Wald als Erholungsort für uns Menschen und als Lebensraum für die unterschiedlichsten Pflanzen und Tiere ist.
Ins Bild der unberührten und mystischen Naturlandschaft Wald passt eines für einige Menschen nicht so gut: Windräder. Auch wenn sich gelegentlich ein fast schon majestätischer Anblick ergibt, wenn diese sich über nebelverhangene Baumkronen erheben, erscheinen Windkraftanalgen im Wald wie ein starker Eingriff in ein schützenswertes Ökosystem. Passen Wald und Windenergie also nicht zusammen? Um dieser Frage nachzugehen, erscheint es sinnvoll, zunächst einmal den Blick auf die deutschen Wälder zu richten.
Der deutsche Wald im Wandel
Deutschland ist eines der waldreichsten Länder Mitteleuropas. 30 Prozent der Fläche sind mit Wald bedeckt – das entspricht etwa 11 Millionen Hektar. Ein sachlicher Blick auf den Wald in Deutschland zeigt aber auch, dass sich das bedeutende Ökosystem Wald kontinuierlichen verändert. Wie sich das im Altdorfer Wald zeigt, hat Bernhard Dingler, Forstbezirksleiter für den Altdorfer Wald, bereits in einem zweiteiligen Interview anhand spannender Details geschildert. Auch das Bundesamt für Naturschutz betont, dass Wälder keinesfalls unberührte, sich selbst überlassene Orte darstellen, sondern eine durch den Menschen geprägte Kulturlandschaft, die bewirtschaftet wird und zudem äußeren Einflüssen wie dem Klimawandel unterworfen ist. In diesem Sinne ist der Wald auch Rohstofflieferant, Arbeitgeber und – angesichts des Klimawandels – die (ziemlich angegriffene) grüne Lunge des Planeten.
Umso wichtiger also, den Wald durch ein entschiedenes und vor allem zügiges Vorgehen gegen den Klimawandel zu schützen. Damit die Energiewende und damit die Abkehr von fossilen Energieträgern gelingt, ist der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland unabdingbar. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist die Unabhängigkeit von Energieimporten ein weiteres gutes Argument für die Verstärkung der Erneuerbaren. Um vor diesem Hintergrund den Ausbau der Windkraft zu verstärken, hat die Bundesregierung das Wind-an-Land-Gesetz erlassen, das zwei Prozent der Gesamtfläche Deutschlands bis 2032 für den Windkraftausbau vorsieht. Dieses politische Ziel kann jedoch nicht allein durch die Aufstellung von Windrädern auf Acker- und Freiflächen erreicht werden.
3 gute Gründe für Windkraft im Wald
Windkraftanalgen im Wald zu bauen, ist immer ein Eingriff in die Natur. Einige gute Gründe, die für Windenergie im Wald sprechen, gibt es dennoch. Drei davon wollen wir im Folgenden erläutern:
- Die Realisierung der Ausbauziele in waldreichen Bundesländern wäre andernfalls unmöglich: Deutschland ist zwar reich an Wäldern, doch verteilen sich diese ungleichmäßig über das Land. Besonders waldreiche Bundesländer wie Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern, aber auch Baden-Württemberg, wo 37 Prozent der Fläche bewaldet ist, weisen in den Höhenlagen hohe Windpotenziale auf. Diese Höhenlagen sind allerdings meist auch bewaldet. „Das heißt, man geht mit der Windkraft nicht in den Wald, weil man unbedingt dort planen möchte, sondern es sind einfach die windhöffigen Gebiete. Punkt.“, so fasst es Julia Wolf, Expertin für Windenergie in Folge 16 ihres Podcasts „Windkanal“ zusammen. Würde man Windenergie im Wald in den stark bewaldeten Bundesländern ausschließen, könnten die Klima- und Ausbauziele des Bundes und der Länder kaum erreicht werden.
- Die Energiewende und die Eindämmung des Klimawandels kommen auch dem Wald zugute: Insbesondere die mit dem Klimawandel im Zusammenhang stehenden Dürreperioden in den Jahren 2018 bis 2020 haben dem deutschen Wald sehr geschadet. Laut einer Waldzustandserhebung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aus dem Jahr 2022 sind vier von fünf Bäumen in deutschen Wäldern krank. Über 40 Prozent zeigen bedenkliche Anzeichen von Trockenheit in den Baumkronen. Nur die Eindämmung des Klimawandels kann zukünftig dazu beitragen, den Wald in seinem jetzigen Zustand zu erhalten und dafür ist der Ausbau der Windenergie essenziell.
- Pachtzahlungen von Windkraftprojekten helfen, den Waldumbau zu finanzieren: Aufgrund des schlechten Zustands der Wälder, die von Trockenheit und Schädlingen, wie beispielsweise dem Borkenkäfer geplagt sind, ist ein Waldumbau unabdingbar. Dabei wird der Wald auf klimaresistentere Arten umgestellt. Pachtzahlungen aus Windkraftprojekten stellen für Waldbesitzer eine zusätzliche Einnahmequelle dar, die hilft, Verluste durch den schlechten Zustand des Waldes auszugleichen und den Waldumbau zu finanzieren.
Windenergie im Wald ist also unumgänglich, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen und kann gleichzeitig dazu beitragen, den Waldumbau zu finanzieren und den Wald langfristig vor schlimmeren Klimawandelfolgen zu schützen. Strenge Naturschutz- und Landeswaldgesetze, die beim Bau und Betrieb von Windkraftanlagen beachtet werden müssen, stellen dabei sicher, dass das komplexe Ökosystem Wald geschützt bleibt, welches vielen verschiedenen, teils geschützten und gefährdeten Arten als Lebensraum dient.
Wie der Naturschutz beim Bau und Betrieb von Windkraftanalgen im Wald umgesetzt wird und welche Vorgaben die Landeswaldgesetze machen, um die nachhaltige Erhaltung der Wälder zu gewährleisten, klären wir in weiteren Artikel zum Thema „Windenergie im Wald“. Darin lassen sich nicht nur interessante Fakten, sondern auch weitere Vorteile von Windkraft im Wald aus natur- und waldschutzfachlicher Sicht entdecken. Windkraft und Wald – das kann also durchaus zusammenpassen.