Ein Tag mit … einem Geologen

Ob als Quelle für Flüsse und Bäche, unser Trinkwasser oder wertvolle Feuchtbiotope – Grundwasser ist eine der wichtigsten Ressourcen für Natur und Mensch. Angesichts des Klimawandels, aber auch intensiver industrieller Nutzung wird die Verfügbarkeit von Grundwasser jedoch immer weniger selbstverständlich, wie auch das Umweltbundesamt betont.

Umso wichtiger ist deswegen ein guter Grundwasserschutz. Bei Bauvorhaben wird daher von Experten geprüft, ob das Vorhaben einen Einfluss auf das Grundwasser haben könnte. Ein solcher Experte ist Martin Brodbeck, Diplom-Geologe und Geschäftsführer beim Ingenieurbüro Smoltczyk & Partner in Stuttgart. Spezialisiert auf die Hydrogeologie, also die Wissenschaft des Grundwassers, ist er dort auch zuständig für die Untersuchung von Baugründen sowie Grundwasserverhältnissen. Das gelingt längst nicht nur vor dem Bildschirm: „Geologe wird man aus Liebe und Interesse an der Natur. Da gehört die Geländearbeit, die Erkundung, die Untersuchung dazu.“

Den Standorten auf den Grund gehen: Bohrungen und Messungen im Altdorfer Wald

Aktuell ist Martin Brodbeck dafür auch im Altdorfer Wald unterwegs. Smoltczyk & Partner wurde von uns, als Vorhabenträger des Windparks Altdorfer Wald, beauftragt, im Altdorfer Wald mit seinen zahlreichen Quellen und Feuchtgebieten den Baugrund und die hydrogeologischen Gegebenheiten zu untersuchen. Zwar reichen die Fundamente der geplanten Windenergieanlagen nur zwei bis vier Meter in die Tiefe, doch die Grundwasseroberfläche im Altdorfer Wald wird erst in einer Tiefe von rund 20 bis 40 Metern erwartet. Ob dies an den einzelnen potenziellen Standorten der Windenergieanlagen tatsächlich der Fall ist und ob diese angesichts der Bodenverhältnisse auch sicher stehen, muss dennoch jeweils geprüft und sichergestellt werden.

Um die Standsicherheit der Windenergieanlagen zu untersuchen, werden an allen potenziellen Standorten im Altdorfer Wald Bohrungen durchgeführt. Diese minimalinvasiven Bohrungen gehen überwiegend 15 Meter in die Tiefe und gewinnen so einen zylindrischen Bohrkern mit rund 20 Zentimetern Durchmesser. Die Bohrungen haben keine weiteren Auswirkungen auf die Umwelt. Indem sie die Schichtfolge des Untergrundes erkennen lassen, ermöglichen sie aber einen guten Einblick in die Beschaffenheit des Bodens. „Dem Geologen geht es wie dem Mediziner“, erklärt Martin Brodbeck, „wir haben keine Glaskugel. Wie der Mediziner sich den menschlichen Körper für eine Diagnose anschaut, so müssen wir Geologen Einblick in den Untergrund nehmen.“ Die Untersuchungen zum Baugrund werden im Altdorfer Wald voraussichtlich bis Ende Oktober abgeschlossen sein.

Bohrgut aus einer Bohrung im Altdorfer Wald, bestehend aus sandigem Kies (Quelle: Smoltczyk & Partner)

Etwas aufwendiger ist die Messung der hydrogeologischen Verhältnisse, also des Grundwassers. Denn die Grundwasseroberfläche schwankt, abhängig davon, wie viel Grundwasser sich beispielsweise durch versickerndes Regenwasser neu bildet. Um Auskünfte über diese Dynamik geben zu können, müssen die Grundwasserverhältnisse über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Das geschieht durch Grundwassermessstellen, die im Altdorfer Wald an sieben Stellen installiert und über mehrere Monate beobachtet werden. Erst Anfang 2025 erwartet sich Martin Brodbeck hier erste Erkenntnisse.  

Eine bestehende Grundwassermessstelle im Altdorfer Wald (Quelle: Smoltczyk & Partner)

Vom Bohrkern zum Gutachten

Als Geologe ist Martin Brodbeck nicht immer draußen unterwegs: Neben dem Besuch von Baustellen und der Aufnahme von Bohrkernen nimmt auch die Arbeit im Büro einen Großteil seiner Arbeitszeit ein. Im nächsten Jahr wird Martin Brodbeck auch für den geplanten Windpark Altdorfer Wald einige Zeit am Schreibtisch verbringen. Denn dann steht das Erstellen von Gutachten zum Baugrund und zur Hydrogeologie an. Die Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Untersuchungen fließen dann in die Gutachten ein. Auch alle verfügbaren Archivdaten aus vergangenen Untersuchungen im Altdorfer Wald werden herangezogen. Für Martin Brodbeck fügen sich die zahlreichen Daten aus Bohrungen, Grundwassermessungen und Archivunterlagen wie Puzzlestücke zu einem schlüssigen und nachvollziehbaren Bild von Untergrund und Grundwasser zusammen, das er in einem 3D-Modell aus geologischen Schnitten und Gleichenplänen darstellt.

Auf dieser Grundlage leitet Martin Brodbeck gemeinsam mit seinen Kollegen Schlüsse für das Genehmigungsverfahren und den Bau der Windenergieanlagen ab: Würden alle Windenergieanlagen sicher stehen? Kann der Bau oder Betrieb einer Windenergieanlage an einem bestimmten Standort zur Beeinträchtigung des Grundwassers führen? Sollten sich in Bezug auf diese Fragen Bedenken ergeben, werden diese im Gutachten festgehalten, bautechnische Empfehlungen zu deren Vermeidung gegeben oder gegebenenfalls vom Bau einer Windenergieanlage an einem bestimmten Standort abgeraten. Die Gutachten sind gemeinsam mit weiteren Untersuchungen, beispielsweise zum Naturschutz, maßgeblich für die Planung des Windparklayouts. Sie werden außerdem mit dem Genehmigungsantrag vorgelegt und unter anderem vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg als Fachbehörde überprüft, das im Rahmen des Genehmigungsverfahrens gehört wird. 

Windenergie und Grundwasserschutz – passt das zusammen?

Grundsätzlich hält Martin Brodbeck Windenergie und Grundwasserschutz für gut miteinander vereinbar. Denn im Vergleich zu anderen gängigen Bauvorhaben, wie beispielsweise Tunneln oder anderen tiefen Baugruben, liegen Windenergieanlagen deutlich weniger tief im Boden und kommen so kaum mit dem Grundwasser in Konflikt. Eine eingehende Prüfung der örtlichen Gegebenheiten ist dennoch wichtig und grundlegend für den Planungs- und Genehmigungsprozess. Letztlich ist es auch diese Mischung aus der Beschäftigung mit der Natur einerseits und der ingenieurwissenschaftlichen Anwendung andererseits, die Martin Brodbeck an seinem Beruf immer wieder aufs Neue fasziniert.

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