Ein Tag mit…einem Umweltplaner

Im letzten Artikel unserer Serie „Ein Tag mit…“ haben wir über die Aufgaben eines Naturschutzgutachters in der Planungsphase eines Windparks berichtet: Er verbringt die meiste Zeit vor Ort im Wald, führt Untersuchungen durch und sammelt Daten, die die Projektgesellschaft und verschiedene Partner für Analysen, Beratungen und Planungen nutzen. (Den letzten Artikel finden Sie hier). In diesem Artikel soll ein weiteres Arbeitsfeld in der Planungsphase eines Windparks beleuchtet werden, nämlich die Arbeit eines Umweltplaners.

Gunnar Hienz arbeitet für die Emch+Berger GmbH, Ingenieure und Planer, Umwelt- und Landschaftsplanung, die zur Emch+Berger-Gruppe Deutschland gehört. Er arbeitet als Umweltplaner, was keine geschützte Berufsbezeichnung ist, sondern ganz unterschiedliche Fachkompetenzen als Hintergrund haben kann. Bei der Emch+Berger GmbH, Ingenieure und Planer, Umwelt- und Landschaftsplanung arbeiten zum Beispiel Biologen, Geografen, Umweltwissenschaftler, Landschaftsökologen oder, wie im Fall von Herrn Hienz, Geoökologen. Sie alle beschäftigen sich im Kontext von Bauvorhaben, die in den Naturraum eingreifen, mit dem Ziel, dass die Anforderungen der entsprechenden Naturschutzgesetze eingehalten werden. Je nach Projektstandort sind ganz unterschiedliche umweltplanerische Aspekte und Auflagen zu beachten, z.B. die Auflagen für Natura 2000 Schutzgebiete und die damit verbundene Vogelschutz-Richtlinie und Fauna-Flora-Habitat Richtlinie. Vor allem aber sind das Bundesnaturschutzgesetz und das Naturschutzgesetz des jeweiligen Bundeslandes, im Falle des Altdorfer Waldes das Naturschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg, von Bedeutung und maßgeblich.

Welche Aufgabe hat die Umweltplanung?

Die Arbeit der Umweltplanung zielt darauf ab, dass die oben genannten Gesetze eingehalten werden, und ist mit Blick darauf ein zentraler Aspekt der Planungsphase eines Windparks:
Für die Planung in einem Projektgebiet werden verschiedene Daten benötigt. Dazu gehören beispielsweise Daten zu Tieren und Pflanzen, die durch naturschutzfachliche Gutachter oder spezialisierte Kartierbüros erhoben werden. Viele Daten, z.B. zu Boden, Klima und Luft sowie zum Landschaftsbild, liegen bereits vor und werden – unabhängig vom Vorhaben – von den zuständigen Landesämtern wie der LUBW oder dem LGRB erhoben. Die Umweltplanung hat grundsätzlich die Aufgabe, alle diese Daten auszuwerten, ihre Auswirkungen auf die Projektplanung im Hinblick auf die geltenden Gesetze und die darin enthaltenen Anforderungen zu beurteilen und Maßnahmen zu definieren, um die Einhaltung der Gesetze zu gewährleisten.

Wichtiger Bestandteil des Genehmigungsantrags

Um diese Aufgabe zu erfüllen, werden von Seiten der Umweltplanung zwei zentrale Gutachten erstellt. Dies ist zum einen der Landschaftspflegerische Begleitplan, in dem die sogenannte Eingriffsregelung für die Schutzgüter Klima und Luft, Boden, Wasser, Tiere und Pflanzen sowie Landschaftsbild und Erholungsnutzung berücksichtigt wird. Das zweite Gutachten ist das Artenschutzgutachten, in das vor allem die Untersuchungen der faunistischen Gutachter einfließen. Auf dieser Grundlage prüft die Umweltplanung die sogenannten artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände.

Beide Gutachten funktionieren nach dem folgenden Prinzip:

  • Zunächst wird eine Bestandsanalyse durchgeführt: Dazu werden die oben genannten Daten ausgewertet und zu einem Gesamtbild der verschiedenen naturräumlichen Gegebenheiten und ihrer Zusammenhänge zusammengeführt.
  • In der anschließenden Wirkungsanalyse wird aufgezeigt, mit welchen grundsätzlichen Auswirkungen (Emissionen, Versiegelung, etc.) das Planungsvorhaben verbunden ist.
  • Daran schließt sich die Konfliktanalyse an. Hier wird aufgezeigt, wo sich aus der Zusammenführung von Bestands- und Wirkungsanalyse Konflikte ergeben und welche dieser Konflikte zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgüter führen.

Die Arbeit von Gunnar Hienz und seinem Team beschränkt sich jedoch nicht auf diese drei Analyseschritte. In beiden Gutachten formulieren er und sein Team themen- und konfliktspezifisch konkrete Maßnahmen zur Lösung der aufgezeigten Konflikte. Das heißt, er definiert, wie die Planung gestaltet werden muss, damit die geplanten Baumaßnahmen den naturschutzrechtlichen Anforderungen gerecht werden.

Diese Maßnahmen können in Vermeidungs-, Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen unterteilt werden. Vermeidungsmaßnahmen sind zum Beispiel Bauzeitenbeschränkungen, damit etwa Vögel während der Brutzeit nicht gestört werden. Eine typische Ausgleichsmaßnahme ist die Aufforstung bestimmter Flächen, um den durch Baumaßnahmen eingeschränkten oder verloren gegangenen Lebensraum zu kompensieren. Minimierungsmaßnahmen schließlich zielen darauf ab, den Betrieb eines Windparks so zu steuern, dass er Flora und Fauna möglichst wenig beeinträchtigt. Ein Beispiel hierfür sind Abschaltzeiten von Windenergieanlagen zum Schutz von Fledermäusen.

Die beiden Gutachten, die Gunnar Hienz und sein Team erstellen, werden allerdings erst dann endgültig verfasst, wenn alle relevanten Daten erhoben sind, die Standortplanung steht und die Planungsphase weit fortgeschritten ist. Sie werden dann Teil des Genehmigungsantrags, den die Projektgesellschaft bei der verfahrensführenden Behörde einreicht, womit die Genehmigungsphase beginnt.

Laufender Austausch und Beratung in Arbeitsgruppen

Die Gutachten sind aber nur der formal greifbare Teil der Arbeit von Gunnar Hienz. Seine Aufgaben beginnen schon viel früher, nämlich mit Beginn der Planungsphase, wenn die ersten Daten erhoben werden und die Bestandsaufnahme beginnt. Zu diesem Zeitpunkt gibt es bereits ein vorläufiges Parklayout, das während der gesamten Planungsphase weiterentwickelt und optimiert werden muss.

In diesen Prozess ist Herr Hienz in Fragen des Natur- und Artenschutzes ständig beratend eingebunden. Ein wichtiger Rahmen hierfür ist eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die sich aus Planern der Projektgesellschaft, Naturschutzgutachtern und Gunnar Hienz und seinen Kollegen zusammensetzt. Dieses Format kann auch regelmäßig erweitert werden, sei es für Austauschtreffen mit Naturschutzverbänden oder für Abstimmungstermine mit der Genehmigungsbehörde.

Vor allem im Austausch mit der Genehmigungsbehörde, mit der während der gesamten Planungsphase ein Austausch stattfindet, nehmen Gunnar Hienz und seine Kollegen eine Art Mittlerfunktion ein. Er ist dafür prädestiniert, weil er sowohl ständig in die Projektplanung eingebunden ist und gleichzeitig die rechtlichen Vorgaben kennt, nach denen die Genehmigungsbehörde das Projekt später beurteilt. Ziel des Austausches ist es, dem Vorhabenträger frühzeitig ein Verständnis für die Anforderungen der Genehmigungsbehörde an einen erfolgreichen Projektantrag, zum Beispiel hinsichtlich des Untersuchungsumfangs, zu vermitteln. Gleichzeitig profitiert die Behörde davon, dass sie in der späteren Genehmigungsphase nicht „bei Null anfangen“ und sich in das Projekt völlig neu einarbeiten muss.

Alle unterschiedlichen Formate des Austausches, sei es projektintern mit Umweltplanern und Kartierern, sei es mit Behörden oder auch mit Naturschutzverbänden, zielen darauf ab, die fachliche Planung so zu entwickeln, dass diese letztlich im Genehmigungsantrag den natur- und artenschutzrechtlichen Vorgaben entspricht und der Antrag genehmigt werden kann.

Regelmäßige Fahrten in den Wald

Bei all den Beratungen, Datenauswertungen und Gutachten wird offensichtlich: Der Arbeitsalltag von Gunnar Hienz ist vor allem geprägt von Zeit am Schreibtisch, Planungssitzungen, Telefonaten und Online-Meetings. Als Instanz, die Konflikte zwischen Umwelt und Standortplanung prüft, braucht der Umweltplaner aber auch ein konkretes Bild von der Situation vor Ort. Nur so kann er Maßnahmen konzipieren und vorschlagen, die sich nicht nur theoretisch positiv auf Natur und Umwelt auswirken, sondern auch praktisch umsetzbar sind.

Deswegen fährt Herr Hienz einige Male für mehrere Tage in das Vorhabengebiet im Altdorfer Wald und prüft anhand der Gegebenheiten vor Ort, wie Maßnahmen konkret umgesetzt werden können. Dort widmet er sich Fragen wie: Wo kann ein Amphibienschutzzaun aufgestellt werden, damit zum Beispiel Kröten gefahrlos wandern können? Oder wo genau sind welche Schutzmaßnahmen für Nistplätze am effektivsten, um das ungestörte Brüten bestimmter Vogelarten zu gewährleisten?

Die vor Ort gewonnenen Erkenntnisse bilden dann die Grundlage für die laufende Beratung sowie die Gutachten und Maßnahmen, die Gunnar Hienz und seine Kollegen für die Projektgesellschaft erstellen.

Ausblick

Wenn die Genehmigung für das Windpark-Projekt irgendwann erteilt ist, ist die Phase der Umweltplanung durch Herrn Hienz abgeschlossen. Allerdings werden auch dann Fachleute wie die Kollegen von Herrn Hienz gebraucht, nämlich zur ökologischen Baubegleitung. Diese wird aber erst in der Bauphase eines Windparks relevant – und bis dahin ist es heute, im Frühjahr 2024, noch lange hin. 

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