Weiterbetreiben, Erneuern oder Rückbau: Windenergieanlagen am Ende ihrer Betriebsphase

Stichtag nach 20 Jahren Betrieb

Nach 20 Jahren Betrieb stellt sich für die meisten Windenergieanlagen die entscheidende Frage: Wie soll es weitergehen? Dieser Zeitpunkt ist besonders relevant, da die Genehmigung der zuständigen Behörde standardmäßig auf 20 Jahre begrenzt ist. Danach ist eine umfassende Prüfung für den Weiterbetrieb verpflichtend, um sicherzustellen, dass die Anlagen weiterhin sicher und zuverlässig laufen.

Obwohl Herstellergarantien und die tatsächliche Lebensdauer der Anlagen häufig über 20 Jahre hinausgehen, sind Förder- und Pachtverträge aufgrund der behördlichen Genehmigung in der Regel auf diesen Zeitraum ausgelegt.

Für die Betreiber ergeben sich an diesem Stichtag drei zentrale Optionen, die wir in diesem Artikel näher vorstellen:

Option 1: Weiterbetrieb

Auch nach Ablauf der 20-jährigen Betriebszeit bleiben die meisten Windenergieanlagen voll funktionsfähig und können sicher weiter Strom produzieren. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Weiterbetrieb der Anlage meist die sinnvollste Option, da wichtige Grundlagen bereits bestehen: der vorrangige Netzanschluss, die Abnahme des erzeugten Stroms und die Vergütung im Rahmen von Einspeisemanagementmaßnahmen. Deshalb waren im Jahr 2023 in Deutschland über 8.000 Windenergieanlagen im Betrieb, die bereits älter als 20 Jahre waren. Die Zahl wird voraussichtlich weiter steigen, da viele neuere Anlagen auf eine Betriebsdauer von 25 Jahren ausgelegt sind und die technischen Entwicklungen zunehmend längere Laufzeiten ermöglichen.

Installierte Gesamtleistung pro Jahr: 2022 waren mehr als 8000 der in Deutschland betriebenen Windenergieanlagen älter als 20 Jahre. Quelle: Fachagentur Windenergie an Land

Option 2: Repowering

Ist ein Weiterbetrieb einer bestehenden Anlage nicht mehr sicher oder nicht mehr sinnvoll, kommt als weitere Option die Erneuerung der Windenergieanlage in Betracht, das so genannte Repowering. Dabei werden ältere Anlagen teilweise oder vollständig durch zum gegebenen Zeitpunkt modernere und leistungsfähigere Anlagen ersetzt. Dabei kommen effizientere Technologien und häufig größere Rotoren zum Einsatz, um Stromproduktion und Flächennutzung zu optimieren. Dies bedeutet eine höhere Energieausbeute der für die Windenergie genutzten Fläche und kann in einigen Fällen sogar zur Reduzierung der Anzahl der Anlagen in einem Windpark führen.

Die Analyse „Ausbausituation der Windenergie an Land im Jahr 2022“ zeigt, zu welchem Anteil sich die jährliche Neuanlagenleistung aus Repowering-Anteilen zusammensetzt. Quelle: Fachagentur Windenergie an Land: Analyse „Ausbausituation der Windenergie an Land im Jahr 2022“, 2023

Option 3: Rückbau

Die dritte Option ist der vollständige Rückbau der Windenergieanlage – zum Beispiel, wenn einzelne Anlagen in einem Windpark durch das Repowering anderer Anlagen überflüssig werden. Der Rückbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge zur Errichtung und wird schon vor der Inbetriebnahme rechtlich und finanziell abgesichert: Betreiber müssen der Genehmigungsbehörde zu Beginn des Projekts nachweisen, dass sie die Rückbaukosten tragen können. Dazu sind sie verpflichtet, diese Kosten als Bürgschaft bei einer Bank zu hinterlegen, um die Genehmigung für das Projekt zu erhalten. Im Fall des Windparks Altdorfer Wald bedeutet das konkret, dass das Landratsamt Ravensburg eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) nur erteilen wird, wenn die Rückbaukosten ordnungsgemäß hinterlegt wurden.

Doch was passiert mit den Anlagen im Falle des Rückbaus? Dafür gibt es zwei Optionen: Zum einen können die Anlagen ins Ausland verkauft werden, da in vielen Ländern die Rahmenbedingungen für kleinere Anlagen attraktiver sind. Die zweite Möglichkeit ist das Recycling, das mittlerweile ein sehr hohes Maß an Effizienz erreicht hat – so können häufig bis zu 90 % einer Anlage recycelt und als Sekundärrohstoffe weiterverwertet werden. Viele Anlagenhersteller entwickeln hierfür spezielle Recyclingkonzepte. Die Firma Vestas, die den aktuell für den Windpark Altdorfer Wald geplanten Anlagentyp herstellt, hat ebenfalls eine eigene Recyclingstrategie, zu der Sie unter diesem Link weitere Informationen finden.

Vielschichtige Entscheidung

Das Schicksal einer Windenergieanlage nach ihren ersten 20 Jahren Lebenszeit liegt also nicht allein in der Hand des Betreibers, sondern hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab, die sich teilweise gegenseitig bedingen: Ist die Anlage noch ausreichend sicher und leistungsfähig? Ist zu erwarten, dass dies so bleibt und eine Weiterbetriebsprüfung sinnvoll ist? Ist am jeweiligen Standort angesichts der natürlichen und baulichen Gegebenheiten ein Repowering sinnvoll? Welche Möglichkeiten und Bedingungen für neue Pachtverträge werden dem Betreiber angeboten? Gibt es sinnvolle ökologische und wirtschaftliche Möglichkeiten, die bestehenden Anlagen anderweitig zu verwerten?

Sicher ist: Nach 20 Jahren Laufzeit wird eine Windenergieanlage nicht einfach entsorgt. Sie wird entweder am gleichen oder an einem neuen Ort weiterbetrieben oder aber in mittlerweile sehr weit entwickelten Recyclingprozessen für andere Bauprojekte weiterverwendet.

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