11 Prozent der Leistung, die Stand 2022 in Deutschland durch Windkraftanlagen erzeugt wurde, stammt von Anlagen in Waldgebieten. Warum Windkraftanlagen nicht nur auf Freiflächen errichtet werden können, hat gute Gründe. Auf einige sind wir bereits in unserem Artikel „Ökostrom aus dem Forst: Wie Windenergie und Wald zusammenpassen“ eingegangen. So eignen sich insbesondere in waldreichen Bundesländern wie Baden-Württemberg die windreichen Höhenlagen für die Windkraft – diese sind jedoch häufig auch bewaldet. Ohne Windenergie im Wald wäre es dort kaum möglich, die Ausbau- und Klimaziele zu erreichen.
Gleichzeitig stellt der Bau einer Windkraftanlage immer auch einen Eingriff in die Natur dar. Für Fundament, Lagerplätze oder Transportwege müssen einzelne Waldflächen temporär gerodet und andere für die Lebensdauer der Windkraftanlage freigehalten werden. Die Befürchtung, dass ganze Wälder für Windparks abgeholzt werden, ist allerdings falsch. Naturschutz- und Landeswaldgesetze gewährleisten, dass für den Bau von Windkraftanlagen möglichst wenig Waldfläche gerodet wird, und stellen besondere Anforderungen an die Durchführung der Baumaßnahmen und die Gestaltung von Ausgleichsmaßnahmen. Der Bau von Windkraftanlagen folgt dabei dem Prinzip der Eingriffsminimierung: Um den Wald zu schonen, werden die Flächen für Windkraftanlagen möglichst klein gehalten. Das spart gleichzeitig Kosten im Bauprozess.
Doch wie viel Fläche wird nun eigentlich benötigt, um eine Windkraftanlage aufzustellen und zu betreiben?
Dauerhafter Flächenbedarf
Bei der Nutzung von Waldflächen für den Bau und Betrieb von Windkraftanlagen muss zwischen dauerhaft und temporär gerodeten Flächen unterschieden werden. Die Fläche, die für eine Windenergieanlage dauerhaft freigehalten werden muss, beträgt im Durchschnitt etwas weniger als einen halben Hektar. Zur Veranschaulichung: Ein Fußballfeld hat 0,7 Hektar. Die Fläche, die für eine Windenergieanlage im Durchschnitt dauerhaft freigehalten wird, ist also kleiner als ein Fußballfeld.
Doch woraus setzt sich dieser Flächenbedarf eigentlich zusammen? Beginnen wir bei dem naheliegendsten – dem worauf die Anlage steht. Die oft über 200m hohen Anlagen benötigen ein stabiles Fundament aus Stahlbeton. Das Fundament liegt unter der Erde und wird nach Abschluss der Bauarbeiten wieder begrünt, muss aber von Bäumen freigehalten werden. Zudem muss für regelmäßig stattfindende Wartungsarbeiten ein gewisser Radius um das Windrad unbegrünt bleiben. Damit im Ausnahmefall Großkomponenten, wie ein Rotorblatt, ausgetauscht werden können, muss gleichzeitig eine Fläche von 0,2 bis 0,3 Hektar für das Aufstellen eines Krans dauerhaft bereitstehen. Auch Zufahrtswege müssen unter Umständen verbreitert oder ausgebaut werden. Um Aufwand und Auswirkungen hierbei möglichst gering zu halten, richtet sich der Standort von Windrädern auch nach bestehenden Zufahrtsmöglichkeiten.
Wenn eine Windkraftanlage nach etwa 20 Jahren ihren Dienst getan hat und nicht durch eine neue Anlage ersetzt wird, werden im Zuge des Rückbaus auch die dauerhaft genutzten Flächen wieder aufgeforstet.
Temporärer Flächenbedarf
Rund um die Windenergieanlage gibt es neben den dauerhaft in Anspruch genommenen Flächen auch solche, die nur temporär, also für die Zeit des Baus, benötigt werden. Im Durchschnitt fällt auch hier pro Anlage etwas weniger als ein halber Hektar an Fläche an, der im Anschluss an die Bauphase direkt wieder aufgeforstet wird.
Die temporär genutzten Flächen dienen zum Beispiel als Lager- oder Montageflächen oder zur Verbreiterung von Zuwegen. Hierfür muss lediglich der Bewuchs entfernt, der Boden aber nicht befestigt werden. Dabei kann es vorkommen, dass nicht nur die Vegetation am Boden weichen muss, sondern auch solche, die beim Rangieren von Elementen in der Luft im Weg ist.
Die größte Gefahr für den Wald bleibt der Klimawandel
Auch der Vergleich mit anderen Energieträgern hilft, die Größenordnungen einzuordnen: Nimmt man alle bereits existierenden Windräder in deutschen Wäldern zusammen, beanspruchen sie eine Fläche von 1.100 Hektar. Eine solche Fläche wurde für den Braunkohletagebau in Deutschland im letzten Jahrzehnt alle 18 Monate abgebaggert. Die eigentliche Gefahr für die deutschen Wälder liegt aber nicht im Bau von Windkraftanlagen oder in Rodungen für den Tagebau. In erster Linie sind Wälder in Deutschland durch den Klimawandel bedroht. Allein im Jahr 2020 führte dieser dazu, dass 138.000 Hektar Wald abstarben, wie die Waldzustandserhebung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigte. Dass der schlechte Zustand deutscher Wälder auf den Klimawandel zurückzuführen ist, zeigen auch Langzeitstudien, wie beispielsweise eine Studie über das Baumsterben im Schwarzwald. Um den Wald zu erhalten, braucht es deswegen ein konsequentes Vorgehen beim Klimaschutz – auch durch den Ausbau der Windenergie.
Forstwirtschaft und Naturschutz regeln die Flächennutzung
Die Unterscheidung, welche Flächen temporär und welche dauerhaft beansprucht werden, ist wichtig. Denn für dauerhaft genutzte Flächen muss die Projektgesellschaft, welche die Windkraftanlagen baut, einen Ausgleich schaffen. Welche Vorschriften es für solche Ausgleichsmaßnahmen gibt und welchen Vorteil solche Aufforstungen aus forstwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Sicht haben können, darauf wollen wir in einem der kommenden Artikel näher eingehen. Neben forstwirtschaftlichen Vorgaben aus den jeweiligen Landeswaldgesetzen, spielt auch der Naturschutz eine wichtige Rolle dabei, zu regeln, wo Windkraftanlagen im Wald gebaut werden dürfen und was bei den Bauarbeiten zu beachten ist. Auch diesen Aspekt werden wir in einem der folgenden Artikel beleuchten.