Inmitten der weiten Wälder Deutschlands zeigt sich ein komplexes Zusammenspiel von Natur und menschlichem Handeln. Diese vielschichtige Dynamik wird maßgeblich von unterschiedlichsten Waldbesitzern und Forstbetrieben wie ForstBW geprägt, welche die Verantwortung für die Bewirtschaftung großer Waldgebiete tragen. Im Süden von Baden-Württemberg liegt der ForstBW-Forstbezirk „Altdorfer Wald“. Als einer von insgesamt 21 Forstbezirken im Land erstreckt sich dieser von Pfullendorf bis Wangen im Allgäu und von Bad Waldsee bis Friedrichshafen. Der Bezirk unterteilt sich wiederum in 10 Reviere, die jeweils durch Revierförster betreut werden. Die Fäden des Bezirks laufen bei Bernhard Dingler, dem Forstbezirksleiter des Forstbezirks „Altdorfer Wald“, zusammen. Im ersten Teil unseres zweiteiligen Interviews erfahren wir von ihm, was ForstBW eigentlich genau macht und welche Rolle ForstBW für die Staatswälder in Baden-Württemberg spielt. Diese Einblicke sind auch für die Windpark Altdorfer Wald GmbH relevant, da der Wald um die Windenergieanlagen herum zukünftig genauso von ForstBW weiter bewirtschaftet wird, wie bisher.
Was genau ist ForstBW?
Forst Baden-Württemberg (ForstBW) ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und arbeitet seit dem 01.01.2020 als eigenständiges Unternehmen. ForstBW trägt die Verantwortung für die Bewirtschaftung von über 320.000 Hektar Staatswald – das entspricht einem Viertel der Waldfläche Baden-Württembergs – und ist damit der größte Forstbetrieb des Landes. Darüber hinaus setzt ForstBW sich zum Ziel, ökologisch vorbildlich, sozial ausgewogen und ökonomisch erfolgreich zu arbeiten. Zum Wohle des Waldes und der Gesellschaft bildet das Prinzip der Nachhaltigkeit die Grundlage unserer Tätigkeit. Dazu tragen landesweit ca. 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei.
ForstBW ist also für die Forstwirtschaft in den Staatswäldern zuständig?
Ja, die Zuständigkeit von ForstBW ist auf die Staatswaldflächen fokussiert. Tatsächlich gehen unsere Aufgaben aber weit über traditionelle Forstwirtschaft hinaus und umfassen ein ganzheitliches Flächenmanagement, das sowohl die Erhaltung als auch die Nutzung der Waldflächen und des Waldes umfasst. Wie bereits angerissen, gründet sich unsere Arbeit auf den drei Säulen der Nachhaltigkeit: Soziales, Ökologie und Ökonomie. Bei der Bewirtschaftung des Staatswaldes ist uns daher soziale Ausgewogenheit und ökologische Vorbildlichkeit ebenso wichtig wie ökonomischer Erfolg. Konkret geht es uns zum Beispiel darum, Naturschutzaspekte, Erholung im Wald, Waldpädagogik sowie die Bereitstellung des ökologisch wertvollen Rohstoffes Holz gleichermaßen zu berücksichtigen und für die Gesellschaft abzusichern.
Das klingt nach einem sehr breiten Arbeitsgebiet. Können Sie die Arbeit von ForstBW näher beschreiben?
Gerne! Hierfür eignen sich die drei Aspekte der Nachhaltigkeit:
Erstens, die Soziale Funktion (Soziales):
Mit unserer Arbeit erfüllen wir zahlreiche soziale Funktionen. So ist ForstBW nicht nur ein wichtiger Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb, sondern er engagiert sich auch aktiv in der Umweltbildung und Waldpädagogik. Nicht zuletzt dient der Wald als vielfältiger Erholungsraum unseren Bürgerinnen und Bürgern. Durch ein gut ausgebautes Netz von Wald- und Wanderwegen, Lehrpfaden und Rastplätzen stellt ForstBW sicher, dass der Wald attraktiv zugänglich gemacht wird und somit ganzjährig und kostenlos für die Erholung zur Verfügung steht.
Zweitens, die Schutzfunktion (Ökologie):
Um den Wald bei unterschiedlichsten Gefährdungen zu erhalten, ist die Bewirtschaftung und der damit verbundene Umbau des Waldes ein wesentlicher Faktor. Klimawandel und daraus folgende Trockenheit, Stürme, Schäden durch Insekten und Pilze oder Emissionen aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie – diese vielfältigen Einflüsse wirken ständig auf den Wald. Daher ist der Wald nie statisch, sondern hoch dynamisch und in Veränderung. So gehört zu unserer Arbeit eine naturnahe und klimaangepasste Waldverjüngung, die Entwicklung von gestuften und vielschichtigen Waldstrukturen und die Förderung von Mischwäldern, insbesondere auf von Sturm und Borkenkäfern geschädigten Flächen.
Weiterhin trägt ForstBW die Verantwortung für eine Vielzahl von Schutzgebieten, die unterschiedlichste Schutzziele verfolgen (Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Natura2000-Schutzgebiete, Bann- und Schonwälder, Waldrefugien, Bodenschutz-, Wasser-, Quellschutzgebiete). Darüber hinaus definieren wir auch eigene Waldnaturschutzkonzepte, wie z.B. ein flächendeckendes Alt- und Totholzkonzept, ein Artenschutzkonzept für die Gelbbauchunke oder ein Mähwiesenprojekt zum Erhalt von hochwertigen Feuchtwiesen.
Und drittens, die Nutzfunktion (Ökonomie):
Holz ist der klimaneutrale Rohstoff, den wir im Zuge einer naturnahen und nachhaltigen Waldbewirtschaftung der Gesellschaft bereitstellen. Er ist für die Herstellung unzähliger Produkte unerlässlich und wird zukünftig noch an Bedeutung gewinnen. In den Staatswäldern Baden-Württembergs werden jährlich etwa 2,3 Millionen Kubikmeter Holz geerntet. Mindestens die gleiche Holzmenge wächst in einem Jahr in diesen Wäldern wieder nach. Walderhaltung, Waldumbau und Waldnutzung gehen dabei Hand in Hand, da die Erträge aus der Holznutzung den Umbau und Erhalt des Waldes sichern.
Neben dem Verkauf von Holz verpachtet ForstBW Waldflächen für unterschiedliche Zwecke: Verpachtung von Jagdbezirken, Flächen für Erneuerbare Energien oder auch Kiesabbau wie im Altdorfer Wald.